Die Weggabelung (September 2012)

In einem Interview hat der Sänger Campino auf die Frage, inwiefern der Erfolg sein Leben verändert habe, einmal sinngemäß geantwortet: Gar nicht so sehr; er konnte auch davor an jeder Weggabelung immer nur in eine Richtung abbiegen. Ganz schön weise, oder?

Tatsächlich gibt es ja nicht nur die Wahl zwischen rechts und links; theoretisch kann man sich auch dafür entscheiden, still zu stehen oder zurückzugehen. Macht vier Möglichkeiten, von denen man bei jeder Entscheidung drei verwerfen muss.

In der Praxis ist es natürlich nicht immer möglich, umzukehren – wenn man etwa eine Beziehung beendet hat, kann man sie nicht ohne weiteres wieder aufnehmen. Und das mit dem Stillstand ist auch höchstens für einen kurzen Moment machbar; lebendig zu sein bedeutet nun mal: wandeln und sich wandeln, Erfahrungen machen, das Leben leben. Entscheidungen treffen und damit klarkommen. Sich dem komplett zu verweigern, ist uns allerhöchstens im Säuglingsalter gegeben.

Für jede Veränderung zahlt man einen Preis. Mindestens den, dass man die anderen Möglichkeiten eben verworfen hat. Man kann nur eins wählen und entscheidet sich zwangsläufig gegen alles andere. Das, was man nicht wählt, muss man hinter sich lassen, wie bei Campinos schönem Bild von der Weggabelung: Wähle ich den linken Weg, kann ich nicht gleichzeitig nach rechts oder zurück gehen. Der rechte Weg und der Rückweg bleiben ungelebt, damit muss ich genauso klarkommen wie mit den Herausforderungen des gewählten Wegs; mehr dazu ab dem 5. Oktober.